Der folgenschwerste Irrtum der Menschheitsgeschichte

René Descartes (1596-1650) gilt als Begründer der modernen Philosophie und als Wegbereiter der "Aufklärung". Der Legende nach träumte Descartes, dass es „eine universale Methode zur Erforschung der Wahrheit geben müsse und dass er dazu berufen sei, das Buch der Wahrheit“ zu schreiben. Kern seiner Theorie: Der Mensch besteht aus zwei voneinander unabhängigen Substanzen, der nichtstofflichen Seele und dem stofflichen Körper. Die Seele interagiere zwar mit dem Körper, sei aber allein in der Lage, die Wahrheit zu erkennen, während sich die körperlichen Gefühle irren können. Und der Mensch allein, sei kraft seiner Vernunft in der Lage, die Natur nicht nur wissenschaftlich zu erforschen, sondern sie auch zu beherrschen.

 

Descartes Prophezeiung schien sich zu bestätigen. Es folgte eine Ära des technischen Fortschritts und des Wohlstandes. Mit Beginn der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigten sich die Schattenseiten des Fortschritts. Mit der Zunahme der Weltbevölkerung begann die Plünderung des Planeten, verbunden mit unvorstellbaren Umweltbelastungen. Der einsetzende Klimawandel führte zu einem fortschreitenden Verlust an Lebensraum mit der Folge von Völkerwanderungen, Hungersnöten, Seuchen, sozialen Spannungen, Verteilungskämpfen und Kriegen. Heute ist die Welt in zwei Gruppen gespalten: Die „Fortschrittoptimisten“ glauben, dass alle Schwierigkeiten durch den technischen Fortschritt überwunden werden. Die Fortschrittskritiker gehen davon aus, dass die Menschheit, wenn sie überleben will, zu einem globalen „Wir – Bewusstsein“ und einem Leben im Einklang mit der Natur finden muss.

 

Vor den Folgen des technischen Fortschritts warnen Zukunftsforscher, wissenschaftliche Experten und Nobelpreisträger seit mehr als einem halben Jahrhundert.

 

Vero Wynne-Edwards

 

Der Evolutionsbiologe Vero Wynne-Edwards meinte 1962: „Gruppen, bei denen die Individuen aufeinander Rücksicht nehmen, haben ein höheres Maß an Überlebenstüchtigkeit als Gruppen aus Individuen, bei denen sich jeder selbst der Nächste ist.“ … „Solche ‚Egoisten‘-Gruppen sterben häufiger als Ganzes aus, weil sie ihre Fortpflanzungsrate nicht an die Tragfähigkeit ihres Lebensraums anpassen, diesen übernutzen und dann daran zugrunde gehen. Das Merkmal „Kooperation“ setzt sich letztendlich gegenüber der Gruppe von Individuen durch.“ 

Dennis Meadows

Dennis Meadows Buch „Grenzen des Wachstums“ wurde in 30 Sprachen übersetzt, über 30 Millionen Exemplare wurden verkauft. Der Club of Rome, in dessen Auftrag Meadows das Buch verfasst hatte, wurde dafür mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Donella und Dennis Meadows sowie deren Mitarbeiter vom Jay Wright Forresters Institut für Systemdynamik führten dabei eine Systemanalyse verschiedener Szenarien durch. Das benutzte Weltmodell diente der Untersuchung von fünf Tendenzen mit globaler Wirkung: Industrialisierung, Bevölkerungswachstum, Unterernährung, Ausbeutung von Rohstoffen und Zerstörung des Lebensraumes. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass das gegenwärtige Wirtschaftssystem, das auf unendlichem Wachstum basiert, nicht nachhaltig ist. Die begrenzten Ressourcen der Erde würden nicht ausreichen, um das ständige Wachstum der Bevölkerung und der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Die Menschheit müsse ihre Lebensweise ändern, um die Umwelt zu schützen und eine nachhaltige Zukunft zu gewährleisten. Meadows forderte eine Abkehr von der Fixierung auf wirtschaftliches Wachstum und eine Umstellung auf ein System, das auf Nachhaltigkeit und Gleichgewicht basiert. Der Autor warnte vor den Konsequenzen, wenn wir nicht rechtzeitig handeln. Er zeigte auf, dass die fortschreitende Umweltzerstörung und die Ressourcenverknappung zu sozialen und wirtschaftlichen Krisen führen müssen und forderte eine globale Zusammenarbeit und eine Veränderung der politischen und wirtschaftlichen Systeme, um eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen zu gewährleisten. Insgesamt war "Die Grenzen des Wachstums" ein Aufruf zur Veränderung.

Edward Goldsmith

Größte Bedenken am Fortschrittsglauben äußerte auch der Träger des „alternativen Nobelpreises“ Edward Goldsmith 1992 mit seinem Buch „Der Weg – Ein ökologisches Manifest“. Er war sich mit Globalisierungskritikern, Umweltschützern und anderen gesellschaftskritischen Strömungen einig, die sich kritisch mit dem Fortschrittsbegriff auseinandersetzen: „Heute streben wir mit der Globalisierung von Fortschritt rapide einer weltweiten ökologischen Disklimax entgegen, in der der moderne Mensch dreitausend Millionen Jahre der Evolution effektiv ins Gegenteil verkehrt haben wird, um eine verarmte und zerstörte Welt zu schaffen, die immer weniger in der Lage ist, komplexe Lebensformen wie den Menschen zu tragen. […] Fortschritt schafft Bedingungen, die zunehmend außerhalb unseres „Toleranzbereiches“ liegen. – Das ist ein Prozess, der, wenn er lange genug zugelassen wird, letztendlich das Aussterben unserer Art bedeuten muss“. Goldsmith appelliert an die Menschheit, die dringende Notwendigkeit, ihre Beziehung zur Natur zu überdenken und eine nachhaltige und ökologische Gesellschaft aufzubauen. Die moderne Gesellschaft habe durch die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und ihre Ignoranz gegenüber den ökologischen Auswirkungen ihres Handelns zu einer globalen Krise beigetragen. Der Autor fordert eine Rückkehr zu traditionellen Lebensweisen im Einklang mit der Natur und lokalen Gemeinschaften und ihrer Fähigkeit, nachhaltige Lebensweisen zu entwickeln und zu erhalten. Wir müssen die Kontrolle über unsere eigenen Lebensmittelproduktionssysteme zurückgewinnen, um die Abhängigkeit von industrieller Landwirtschaft und globalen Märkten zu verringern. Ein weiterer wichtiger Punkt in Goldsmiths Manifest ist die Kritik an der modernen Technologie und ihrer Auswirkung auf die Umwelt. Wir sollten uns von der Vorstellung verabschieden, dass Technologie alle Probleme lösen kann, und sollten stattdessen alternative Lösungen suchen, die im Einklang mit der Natur stehen. Goldsmith fordert eine neue Art des Denkens und Handelns, die auf Respekt und Verantwortung gegenüber der Natur basiert. Insgesamt ist "Der Weg - Ein ökologisches Manifest" ein Aufruf zur Veränderung und zur Schaffung einer nachhaltigen und ökologischen Gesellschaft.

 

Peter Kafka

Von „einer globalen Beschleunigungskrise“ ging der Astrophysiker Peter Kafka in seinem 2020 veröffentlichten Buch aus. Es beschäftigt sich mit den Herausforderungen und Auswirkungen der zunehmenden Beschleunigung in unserer modernen Gesellschaft. Diese Beschleunigung hat negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit, unsere Beziehungen und unsere Umwelt. Kafka sieht die Ursachen im technologischen Fortschritt, den Wettbewerbsdruck und die Erwartungen der Gesellschaft. Die ständige Verfügbarkeit von Informationen und die Erwartung, immer erreichbar zu sein, führt zu Stress, Burnout und einer Entfremdung von uns selbst und anderen. Der Autor schlägt Lösungsansätze vor, um dieser Beschleunigungskrise entgegenzuwirken. Dazu gehören die Entschleunigung, die Achtsamkeit, die Schaffung von Auszeiten, die Stärkung sozialer Bindungen und die Förderung einer nachhaltigen Lebensweise. Das Buch bietet eine kritische Analyse der Gesellschaft und fordert dazu auf, bewusster mit der Zeit umzugehen und ein Gleichgewicht zwischen Fortschritt und Entschleunigung zu finden.